Die aufsehenerregende Architektur der ehemaligen katholischen St. Paulus-Kirche in Ingelheim-West stand für einen völlig neuen Typ Gotteshaus.
Dieser außergewöhnliche Kirchenbau des Schweizer Architekten Justus Dahinden stand für Ingelheims weltoffene Gegenwart.
Geplant wurde der damalige Kirchenneubau mit angeschlossenen Gemeinde- und Jugendräumen unter Pfarrer Helmut Sohns (1935-2018). Im Jahre 2024 wurde die Kirche entweiht und wird nun als Kindergarten genutzt.
Ende der 1970er-Jahre erhielt der renommierte und weltweit arbeitende Züricher Architekt und Professor Justus Dahinden (1925 - 2020) den Planungsauftrag. Dieser versteht die Architektur als „Dienstleistung für den ganzen Menschen“. Er entwickelt eine „Philosophie der Schräge“. Das Kippen der Fassade in die Schrägen, wovon der Bau von St. Paulus geprägt ist, vermindert so das Gefühl der Bedrohung, um ein harmonisches Mensch-Raum-Verhältnis zu erreichen. Einem wichtigen Anliegen des 2. Vatikanischen Konzils (1962-1965) folgend plante Dahinden einen offenen Raum, in dem die Gottes-Dienstbesucher/-innen sich um den zentralen „Volksaltar" (versus populum) gruppieren.
Im ehemaligen Kirchenraum der 1981 von Bischof Kardinal Volk eingeweiht wurde, herrscht eine geometrische, nahezu futuristische Schlichtheit. Viele Wände sind schräg konstruiert, dadurch geschieht laut Justus Dahinden etwas Wunderbares: „Es öffnet sich der Himmel!". Auch die faszinierende Außenfassade von St. Paulus ist von dieser Schlichtheit geprägt.
Im Innenraum der modernen und bewusst schmucklos gehaltenen ehemaligen Kirche, die Wert auf einfache geometrische Formen legte und nüchtern und ohne viel Pomp daherkam, befand sich eine Klais-Orgel (1997) und drei Skulpturen (2012) des Mainzer Künstlers Rheinhold Petermann: ein 2 Meter hoher Paulus, eine zierliche 60 cm große Madonna und ein zur Auferstehung hinweisendes Kruzifix sowie ein futuristisch anmutender Tabernakel. 12 Betonkreuze erinnerten an die 12 Apostel; darüber befanden sich Wandleuchter, die auch Apostelleuchter genannt wurden.
St. Paulus verstand sich als eine offene, zugewandte Stätte der Begegnung mit einem zukunftsfähigen Konzept im fruchtbaren ökumenischen und interreligiösen Dialog.