Mainz ist eine der ältesten und traditionellsten jüdischen Gemeinden in Europa. Im Mittelalter war die Stadt Zentrum jüdischer Lehre und Religion. Die 1912 nach dem Entwurf des Stuttgarter Architekten Willy Graf errichtete Hauptsynagoge an der Kreuzung von Hindenburg- und Josefsstraße wurde in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 geplündert und in Brand gesetzt.
Inzwischen ist die Jüdische Gemeinde Mainz wieder auf ca. 1.000 Mitglieder angewachsen, insbesondere durch Zuzug aus den Ländern Osteuropas. Da die Räumlichkeiten der Jüdischen Gemeinde zu klein geworden waren, setzte sie sich das Ziel, am Standort der ehemaligen Hauptsynagoge in der Hindenburgstraße ein neues Gemeindezentrum zu errichten. Die Pläne hierfür stammen aus der Feder des Kölner Architekten Manuel Herz. Die Stadt Mainz unterstützte dieses Vorhaben tatkräftig.
"Kedushah" ist das hebräische Wort eines Segensspruchs für "Heiligung", dessen fünf Buchstaben der neuen Synagoge in Mainz ihre Form geben und sie gliedern. Die Architektur mit ihrer eigenständigen Formensprache und den von grün glasierten Keramikprofilen bedeckte Fassadenflächen wendet sich bewusst von gewohnten Bauformen und -materialien ab. Manuel Herz schließt den Bogen vom Mittelalter zur Gegenwart ohne direkte Bezugnahme auf Verfolgungen, Pogrome und den Holocaust. Vielmehr basiert sein architektonisches Werk auf überlieferten Texten der Tora.
Durch die auf dem Vorplatz stehenden Fragmente der Säulenhalle des Vorgängerbaus entsteht zudem eine Verbindung zwischen der zerstörten Hauptsynagoge von 1912 und der heutigen Synagoge.
Einweihung der Neuen Synagoge Mainz im Jahr 2010
Die offizielle Eröffnungsfeier fand am Freitag, 3. September 2010 statt. Zu der Veranstaltung luden die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde, Stella Schindler-Siegreich, Ministerpräsident Kurt Beck und der Mainzer Oberbürgermeister Jens Beutel gemeinsam ein.
Zahlreiche geladene Gäste aus dem In- und Ausland, ehemalige Mainzer Juden, Zeitzeugen und Gemeindemitglieder nahmen an der Feier teil, unter anderem Bundespräsident Christian Wulff und der Botschafter des Staates Israel Yoram Ben Ze’ev . Am Tag der offenen Tür im September 2010 besuchten Hunderte von interessierten Mainzerinnen und Mainzern das neue Gotteshaus. Die Eröffnungsfeier begann mit der Anbringung der Mesusa am Haupteingang der Synagoge durch Rabbiner Julian-Chaim Soussan und dem anschließenden Einzug mit den Torarollen in den Gebetsraum.
Nach der Begrüßung durch Stella Schindler-Siegreich sprachen Bundespräsident Wulff, Ministerpräsident Beck, Oberbürgermeister Beutel, die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, sowie Dr. Fritz Weinschenk, ein 1920 in Mainz geborener Jude, der aus New York angereist war. 98 Jahre nach der Einweihung der Hauptsynagoge in Mainz am 3. September 1912 und rund 70 Jahre nach ihrer Zerstörung durch die Nationalsozialisten hat die rheinland-pfälzische Landeshauptstadt wieder ein sichtbares Zeichen für ein neues lebendiges Judentum. Die Postanschrift des neuen jüdischen Gemeindezentrums am geschichtsträchtigen Ort wurde von Hindenburgstraße in „Synagogenplatz“ umbenannt.